Bildungsbeschleunigung oder G8 für die Rentenkasse?

Gastbeitrag von Wilk Spieker, Bildungspirat, Diplom-Sozialpädagoge und amtlich bestellter Betreuer:

In vielen, nein, in fast allen Bundesländern wurde um das Jahr 2004 das alte Abitur nach 13 Schuljahren (G9) als nicht zukunftsweisend abgeschafft und die Einführung des Abiturs nach 12 Schuljahren bestimmt.
Blicken wir auf den gesamten Bildungsbereich, so wird die „Bildungsbeschleunigung“ deutlicher. Während in den 70er Jahren noch die Vorschule weit verbreitet war und Kinder erst mit 6, zum Teil mit 7, in die Grundschule gekommen sind, zeigt sich heute ein Einschulungsalter ab 5,5 Jahren (Berlin Stichtag 31.12.). Der Trend des früheren Einschulens wurde zum Glück gestoppt.

Nächster Schritt im Bildungssystem kann das Studium sein. Auch hier gab es in den letzten Jahren Veränderungen durch den Bologna-Prozess. Der Begriff geht zurück auf eine 1999 von 29 europäischen Bildungsministern im italienischen Bologna unterzeichnete politisch programmatische Erklärung. Die Studienzeit wurde verkürzt, die bisherigen Diplomausbildung wurde von 8 auf 6 Semester reduziert, das bedeutet eine Verkürzung der Regelstudienzeit um 25%.

Als letzte kleinen Bausteine zur Unterstützung der Rentenkasse wurde auch noch der Wehrdienst abgeschafft und das Renteneintrittsalter 1989 und 2006 angehoben.

Vergleiche ich nun meinen Bildungsweg der 70er (männlich) mit einem vrgleichbaren heutigen Bildungsweg komme ich zu folgender Rechnung:

  • Einschulungsalter: 6 Jahre 10 Monate – heute 5 Jahre 10 Monate (-1)
  • Abitur : 13 Jahre – 12 Jahre (-1)
  • Wehrdienst: 1,5 Jahre – 0 Jahre (-1,5)
  • Studium: 4 Jahre – 3 Jahre (-1)

In der Summe kommt somit ein junger Mensch 4-5 Jahre früher nach einem Studium auf den Arbeitsmarkt, zahlt dementsprechend auch länger in die Rentenkasse ein.

Lag die Lebensarbeitszeit, z.B. für weibliche Hochschulabsolventinnen mit Rentenbeginn 1989, noch bei rund 36 Jahren, liegt sie heute bei 46 Jahren. Die Lebenserwartung steigt, somit muss zwangsläufig auch die Lebensarbeitszeit steigen.
Ist es aber wirklich wünschenswert nach dem Turboabi und dem Bachelorstudium schon mit 21 Jahren auf den Arbeitsmarkt zu gelangen?

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