Mittagessen für Kinder nur gegen Fingerabdruck

Ich bin als ausgeglichener und ruhiger Mensch bekannt.
Aber diese Meldung bringt mich in Rage: ‚Ohne biometrische Erkennung soll es für Grundschüler in Hamburg kein Essen gegeben haben.

Auch, wenn das ein Fehler des Caterers gewesen sein sollte, wie behauptet wird: es kann es doch nicht richtig sein, dass Grundschulkindern für die ‚Vereinfachung eines Prozesses‘ die Fingerabdrücke abgenommen werden.
Kinder im Alter von 5 bis 10 Jahren wird so – mit dem Einverständnis der Eltern – eingetrichtert, dass Einrichtungen unserer Gesellschaft und unseres Staates ohne die Preisgabe von persönlichen, ja sogar biometrischen Daten keine Leistungen erbringen.

Gibst Du mir nicht Deine Daten, gebe ich Dir kein Essen.

Ja, das ist eine überspitzte Darstellung. Aber diese Überspitzung erlaube ich mir, scheint sie mir doch nötig, um den Vorfall und das Thema so zu betrachten, wie es geboten ist.

Auch wenn der konkrete Vorfall harmlos erscheint, so ist er doch a) ein Mosaikstein der Verrohung der Datenschutzsitten in unserem Land und b) beispielhaft für die Probleme fehlerhaft oder mißbräuchlich vorgenommenen Datengebrauchs.

Hier hat ein Fehler ‚nur‚ dazu geführt, dass Kinder ihre Fingerabdrücke lesen lassen mussten. Andere, weitreichendere Fehler sind denkbar.
Im konkreten Zusammenhang beispielsweise die Übertragung der Personendaten an Schulamt oder Sozialamt (zu irgendwelchen Abrechnungs- oder anderen Erfassungszwecken).
Was danach mit den Fingerabdrücken geschieht? ….

Im Hamburger Fall wurde argumentiert

  • das Verfahren sei vom schleswig-holsteinischen Datenschutzbeauftragten freigegeben worden
  • die Identifizierung per Fingerabdruck sei sozial verträglicher. Alternativ könne man nur mit unterschiedlichen Essensmarken arbeiten. Das würde soziale Brandmarkung bedeuten, da so ersichtlich ist, wer als Hartz-IV-Empfänger sein Essen begünstigt bekäme.
  • Bargeldlose Bezahlsysteme, ob mit Chipkarte, Fingerscan oder Essensmarken, ermöglichten sozial gestaffelte Essenspreise, ohne dass sich Kinder beim Bezahlen am Tresen als arm outen müssten.

Ich bin wirklich erschüttert.
Da erklärt der Betreiber des Systems (die Behörde für Schule und Berufsbildung BSB), dass es mehrere Möglichkeiten gibt, Essen auszugeben, ohne dass sich Kinder outen müssen und widerspricht sich im nächsten Satz selber: „Bei der bislang üblichen Barzahlung mit unterschiedlichen Essensmarken sei am Kantinentresen schnell ersichtlich gewesen, wer beispielsweise Hartz-IV-Empfänger sei und reduzierte Preise zahle.“
Ja, dann schafft doch die unterschiedlichen Essensmarken ab und vereinheitlicht sie.

In Zeiten der fortschreitenden Nutzung von Ganztagsschulangeboten ist es selbstverständlich, dass Kinder in der Schule ein gesundes, warmes Mittagessen bekommen.
Alles andere wäre eine Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht.
Bislang ist es üblich, Beiträge von den Eltern dafür zu erheben. Die soziale Staffelung sollte bei der Beitragserhebung statt finden, nicht in der Schulkantine.

Wieso scheinen hier wieder mal Bürokraten und Technokraten die Lebenswirklichkeit von Menschen zu bestimmen?
Geht das nicht menschlicher und verträglicher?

Und mal ganz ganz nebenbei: nach meiner Auffassung und der der Auffassung der Piratenpartei muss ein Mittagessen für Ganztagsschüler und Kindergartenkinder, die über Mittag in der Einrichtung bleiben, unabhängig von der finanziellen Situation der Eltern bereit gestellt werden.
Die Piratenpartei setzt sich auf Bundesebene für die Einführung eines Kindergrundeinkommens ein. Gleiche Bildungschancen für alle können mit einem Kindergrundeinkommen viel wirkungsvoller realisiert werden als beispielsweise mit bürokratieintensiven „Bildungspaketen“.

Und Fingerabdrücke müssen Kinder dann auch nicht mehr abgeben, um satt zu werden.

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