Recht auf U3-Betreuung – Augen zu und durch?

Es ist ausreichend unbefriedigend, dass der ab dem 1. August 2013 geltende Rechtsanspruch auf Betreuung unter-3-jähriger Kinder in vielen Kommunen nicht hinreichend erfüllt werden wird und viele Eltern sich enttäuscht ganz ohne Betreuungsplatz wieder finden werden oder mit einem Betreuungsplatz wieder finden, der zeitlich oder sozialräumlich nicht ihren Bedarf deckt.

Dieser sich jetzt schon abzeichnende Missstand ist längst in den Medien angekommen.

Hinter diesem Missstand verbirgt sich aber – von vielen bislang noch nicht im Ansatz gedacht – ein weiteres Dilemma.

Bei ausreichendem Betreuungs-Angebot können Eltern ‚mit den Füßen‘ abstimmen und ihre Kinder einfach bei einer Kita oder Tagespflege abmelden, mit der sie schlechte Erfahrungen gemacht haben und sie bei einer anderen Kita oder Tagespflege anmelden.
Bei einem unzureichendem Angebot werden sie das nicht tun können.

Eltern geraten dann in einen Duldungsnotstand, der dem politisch gewollten Mitwirkungs- und Mitgestaltungsrecht der Eltern entgegen steht.
Eltern werden bei Missständen den Mund halten, um den Betreuungsplatz für ihre Kinder nicht zu gefährden.
Betreuungseinrichtungen werden einen deutlich geringeren Druck verspüren, gute Leistungen zu erbringen. Der Wettbewerb zwischen den Betreuungseinrichtung wird unterdrückt.
Im Saldo sinkt die Betreuungsqualität.

Wir werden wieder zu lesen bekommen, wie toll doch alles läuft, schließlich kommen ja keine Beschwerden. Wir werden wieder Statistiken sehen, nach denen frühkindliche Betreuung in Deutschland gut funktioniert.

Die Tränen in Kinderaugen werden wir nicht gezeigt bekommen.

Und von den Gewissensbissen der Eltern, die zwischen Familie und Beruf klemmend notgedrungen den Mund halten, werden wir nicht zu hören bekommen.

Dass das oben Geschriebene nicht an den Haaren herbei gezogen ist, zeigt sich an Meldungen wie beispielsweise diesen (Quellen bekannt):

  • Eltern: „Bestrafung von Kindern durch späte Essensverteilung – Beschwerde verhallt beim Jugendamt.“
  • Elternbeirat: „Wir dürfen unsere Elterninformationen nicht in der Kita aushängen. Die Elterninformation muss erst zum Träger der Einrichtung. Dort wird sie mit den Leitungen der Einrichtungen besprochen und inhaltlich angepasst. Nach dieser Anpassung hängt die Einrichtungsleitung sie an zentraler Stelle aus. Oft vergehen Wochen, bis die Eltern unsere Informationen lesen können; und diese mitunter noch verfälscht.“
  • Ehemaliger Elternbeirat: „Nachdem ich mein gesetzliches Recht auf Information einforderte, wurde mir der Betreuungsplatz gekündigt.“
  • Staatsanwaltschaft Mosbach (frei widergegeben): „Erzieherinnen dürfen Kindern zur Disziplinierung den Mund zukleben.“ http://www.spiegel.de/panorama/justiz/kindern-in-wertheim-mund-zugeklebt-ermittlungen-eingestellt-a-901026.html

Wir müssen aufpassen, dass aus dem gut gedachten und gebietsweise schlecht umgesetzten Betreuungsanspruch nicht eine qualitative Rutschbahn wird, die den Betreuungsgeld-Befürwortern die Argumente frei Haus liefert.

Wir müssen aufpassen, dass unsere Kinder gut betreut werden.

 

 

 

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