Verständnis für den großen Bruder?

Wenn man sich ein wenig Mühe gibt, kann man das Verhalten der USA – hier vertreten durch die NSA – beinahe verstehen.

Brother Sam watches Angie.
Andrea Damm - pixelio.de

Als gefühlter großer Bruder der alten BRD sehen sich die alten ‚Fighters for a free world‘ in der Pflicht, die Deutschen vor sich selbst zu schützen.
Wie der große Bruder seine pubertierende Schwester ’schützen‘ will (und dabei eigentlich sein Ego verwirklichen und Macht ausüben will), die Telefonverbindungen und die Internet-Nutzung seiner Schwester überwacht und ihr mit dem Rad nachfährt, wenn sie abends das Haus verlässt, so überwachen die USA das Verhalten der Bundesrepublik.
Und so, wie der große Bruder schon einen Weg finden wird, seiner Schwester den Jungen, den sie gestern traf, auszureden oder madig zu machen, so werden die USA schon einen Weg finden, Deutschland falsches Verhalten auszutreiben.
Das tun sie ja nun schon seit dem 2. Weltkrieg. Mit Propaganda-Videos, mit der Hausaufgabe Föderalismus, mit Wirtschaftswundergeschenken nicht zuletzt durch die Vergabe oder Tolerierung von Rüstungsaufträgen, mit der Mitmacherlaubnis in der Nato und mit Vielem mehr.

Kann man verstehen – aus der Sicht der Amerikaner.
Billigen muss man das nicht.

Und so, wie die kleine Schwester sich betrogen, hintergangen und vorgeführt fühlt, wenn sie irgendwann von den Machenschaften ihres grossen Bruders erfährt, so fühlen wir uns jetzt.
Spannend ist allerdings, wie wir reagieren und handeln werden.
Und spannend ist, ob wir uns – wie eine erwachsen gewordene Schwester – der Umklammerung entziehen können und selbstbestimmt voran gehen oder ob wir uns so an die Klammer gewöhnt haben, dass wir sie weiterhin unterbewusst oder stillschweigend akzeptieren.

Man muss die Empörung in Deutschland, die Empörung seiner Politiker und seiner Medien darüber, dass Deutschland auf der US-amerikanischen Freund-Feind-Landkarte nicht die grüne Farbe für Freunde trägt, nicht verstehen.
Einem Land, das in seinen verschiedenen Staatsformen bzw. Reichsformen (hiermit sind Königreiche etc. gemeint, nicht das 3.) in den beiden vergangenen Jahrhunderten immer wieder Krieg führte, Herrschafts- und Führungsanspruch formulierte und das über mehr als 40 Jahre zu einem Teil unter der Führung und dem Einfluß der UdSSR stand, können die USA nicht vertrauen.

Ein solches Land ist aus US-amerikanischer Sicht erst einmal potentiell böse. Da helfen auch 23 Jahre Einheit und fast 70 Jahre Friedfertigkeit nicht.

Aus der Sicht der Amerikaner gab und gibt es viele ‚Böse‘.
Die Ureinwohner Nordamerikas waren ‚Böse‘, wollten sie doch, als sie es endlich begriffen hatten, die Expansion der ‚Weissen‘ und deren Lifestyle nicht länger hinnehmen.
Die Briten waren ‚Böse‘, wollten sie doch tatsächlich ihren Wirtschafts- und Machteinfluß auf die nordamerikanischen Kolonien behalten und gestanden diesen keine Finanz- und Wirtschaftshoheit zu.
Die Mexikaner waren ‚Böse‘, wollten sie doch Gebiete behalten, die die Union beanspruchte.
Die Südstaaten waren ‚Böse‘, wollten sie doch einen von der Union unabhängigen Staat gründen.
Die UdSSR war sowieso ‚böse‘, Sozialisten / Kommunisten halt. Die Vasallenstaaten der UdSSR waren zwangsläufig auch böse.
Und die anderen Staaten auf dieser Erde, die nicht mit den USA, sondern mit der UdSSR kooperierten mussten ‚Böse‘ sein.
Russland als Nachfolgestaat ist böse. Und die anderen Staaten …

Gegen all diese ‚Bösen‘ setzten die Unionisten im Inneren und setzen die USA nach Aussen die Mittel des Kriegs, der Militärintervention, des Wirtschaftsimperialismus und nicht zuletzt der Spionage ein.
Und das nach ihrer Überzeugung zurecht, denn die US-amerikanische Hymne befiehlt ihnen, für die gerechte Sache zu siegen.

Was die gerechte Sache ist, liegt dabei in der Bestimmungshoheit der USA und ihrer Meinungsmacher (an dieser Stelle sind wir wieder beim grossen Bruder).

Wir sollten also den Empörungsmodus deaktivieren und ruhig und sachlich daran arbeiten, uns aus der Klammer des grossen Bruders zu lösen; wir sollten ihn nicht weiter kritiklos bewundern und wir sollten seine Charaktereigenschaften als gegeben betrachten. Mit dem Ziel eines gleichberechtigten und partnerschaftlichen Miteinanders in Unabhängigkeit – wenn er es zulässt.

Bildquelle: ‚US-Flag‘ © Andrea Damm / pixelio.de

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Ein Kommentar

  1. vielleicht – könnte man dem „Großen Bruder aber auch sehr deutlich klarmachen – da man ja jetzt erwachsen ist – dass seine „fürsorgliche Belagerung“ damit endet, dass man Swift nicht mehr akzeptiert und sehr ernsthaft über TAFTA nachdenkt und ja auch mal eine Visumspflicht für US-Amerikaner einführen könnte.
    Dass man alte Verträge auch lösen kann usw.
    Es gibt für kleine Schwestern viele Möglichkeiten, einen „bösen“ Bruder an den Eiern zu packen!